Für die, denen es schlechter geht
Kreisanzeiger vom 30.06.2017 – Foto: Eichenauer
BÜDINGEN – (co). „Ist da eine Serviette in den Schälchen? Sorry, da muss eine Serviette unter die Brötchen. Ist Vorschrift“, macht Florian seine Mitschüler aufmerksam, die Schalen mit Kleingebäck auf die Tische in der Willi- Zinnkann-Halle verteilen, bevor der Abi-Ball losgeht. Etwa 20 Jugendliche vom Verein „Schüler helfen“ des Wolfgang-Ernst-Gymnasiums waren beim Ball ehrenamtlich im Einsatz, um mit den Spenden, die sie dafür bekommen, armen Menschen zu helfen.
Mit Catering und Bedienung gegen Spenden auf Festen nicht nur der Schule und bei verschiedenen Anlässen im Gymnasium sammeln die jungen Leute Geld für drei soziale Projekte, die sie damit unterstützen: eine Einrichtung für arme Kinder und Waisenkinder in Büdingens Partnerstadt Sebes/Mühlbach in Rumänien, für die Menschen in Mamba Village und Ukunda im Südosten Kenias in Zusammenarbeit mit dem Gelnhäuser Partnerverein „Wir helfen in Afrika“ und für den Aufbau einer ländlichen Schule in der Gemeinde Vereda Funda im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais. Allen Projekten gleich ist die große Armut der Menschen und dass sie jedes Jahr einmal oder mehrfach besucht werden, sodass die Schüler konkret erfahren, was durch ihre ehrenamtliche Arbeit bewirkt wird.
Beim Abi-Ball hieß es, 106 Abiturienten, ihre Eltern, Geschwister und Freunde zufriedenzustellen, schnell zu bedienen, korrekt zu kassieren. Unterstützung bekamen die Jugendlichen dabei von den Schülern der Jahrgangsstufe elf, die nächstes Jahr Abitur machen. Der Dienst begann um halb sieben mit einem Briefing durch die Lehrerinnen Anke Hölzer und Gudrun Strahle. Dann ging es Schlag auf Schlag: Brötchen verteilen, Gläser spülen, gegen halb acht knallten die ersten Sektkorken, Tabletts waren zu füllen, Stift und Block waren bei Bestellungen ständig im Einsatz. Die Schüler arbeiteten in zwei Schichten. Etliche aber waren den ganzen Abend auf den Beinen. Und zwar aus Überzeugung.
Auch bei anderen Veranstaltungen sind die Jugendlichen von „Schüler helfen“ im Einsatz, etwa beim großen Freundschaftsabend des Verschwisterungsvereins mit Gästen aus der französischen Partnerstadt Loudéac. Beim alljährlichen Berufsinformationsabend des Rotary-Clubs belegen sie Hunderte Brötchen, bei schuleigenen Veranstaltungen wie den Theatervorstellungen und dem Schnuppertag backen sie jede Menge Brezeln und verkaufen Getränke. Alles in ihrer Freizeit und ehrenamtlich.
Warum engagieren sie sich für soziale Projekte? Warum schlagen sie sich die Nächte um die Ohren, wenn andere feiern? „Uns geht es hier so gut. Viele, viele Kinder und Erwachsene leben in großer Armut. Ihnen wollen wir helfen. Damit es ihnen besser geht, geben wir unsere Zeit im Team“, sagt Oliva Stroe. Julia Kormann ergänzt: „Es macht großen Spaß, mit den anderen Schülern gemeinsam zu arbeiten, es ist ein tolles Team, auch zusammen mit den Lehrern.“ Außer Gudrun Strahle und Anke Hölzer wirken auch Claus Wilkens und Jan Eckhardt bei „Schüler helfen“ mit. Samuel Mergenthal fügt hinzu: „Wir sehen genau, was mit dem Geld passiert. Wir haben einen Schüleraustausch mit Sebes, da sehen die Büdinger Schüler jedes Jahr, was mit den Spenden dort eingerichtet wird.“ Olivia, die selbst schon dort war, berichtet: „Es berührt sehr, wenn man die Kinder dort trifft, jedes hat seine eigene Geschichte“.
Auch von Brasilien bekommen die Schüler direkte Ergebnisse, was mit ihren Spenden geschieht. Claus Wilkens ist jedes Jahr mindestens einmal vor Ort. In Kenia kümmert sich der Gelnhäuser Verein „Wir helfen in Afrika“ bei mehreren Besuchen im Jahreslauf um den richtigen Einsatz der Spenden. Florian Klein ist diese unmittelbare Hilfe sehr wichtig: „Das Geld fließt nicht in irgendwelche Verwaltungen, sondern dorthin, wo es gebraucht wird.“ Florian und Samuel aus der Jahrgangsstufe neun sind schon seit der sechsten Klasse mit „Schüler helfen“ unterwegs, Olivia und Julia aus der E-Phase der Oberstufe seit der achten Klasse. Und wie es oft bei engagierten jungen Leuten ist, wirken sie auch noch bei anderen Projekten mit, in der Schule oder in ihren Heimatorten.