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Q3 auf Exkursion: Fachtage Geschichte 2021

Ende September unternahmen wir, die Stufe Q3, zwei Wandertage mit historischem Hintergrund.
Der erste unserer Ausflüge widmete sich dem Thema Nationalsozialismus und dessen Auswirkungen bei uns in Büdingen, besonders der Judenverfolgung, die sich leider auch hier ereignete.
Wir liefen zum jüdischen Friedhof in Büdingen und trafen uns dort mit zwei Frauen vom Verein „Demokratie leben“, die uns in die Benutzung der App „DigiWalk“ einwiesen, mit der wir auf eigene Faust die Stolpersteine in Büdingen genauer unter die Lupe nahmen. Die Stolpersteine sind in den Gehweg eingelassene Gedenktafeln, die mit den Namen und Schicksalen der Opfer der Judenverfolgung beschriftet sind.
Wir mussten auf unserem Weg feststellen, dass diejenigen jüdischen Familien, welche in Büdingen wohnten und nicht rechtzeitig ins Ausland fliehen konnten, damals vom NS-Regime verschleppt und größtenteils in Auschwitz, Theresienstadt, Sobibor oder Minsk ermordet wurden. Andere haben die Grauen des Nationalsozialismus überlebt und sind in Länder auf der ganzen Welt geflüchtet. In anderen Fällen ist das Schicksal der Büdinger Familien bis heute ungewiss. Nach unserer Tour trafen wir uns an der 2019 eingeweihten Judengedenkstätte im Burgmannenhof, an der uns offengebliebene Fragen beantwortet wurden. Spätestens dort wurde uns allen bewusst, dass die Inhalte des Geschichtsunterrichts der letzten Wochen auch in direktem Bezug zu uns und unserer Heimat stehen.
Wieder zurück in der Schule konnten wir nach unseren eigenen Interessen historisches Material zu Judenverfolgung und Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus bearbeiten. Von Artikeln aus dem Büdinger Anzeiger (von den Nazis damals gleichgeschaltet) während des 2. Weltkriegs über Listen von Zwangsarbeitern bis hin zu weiteren Quellen mit direktem Bezug auf Büdingen, die unsere Lehrer für uns aus den Büdinger Stadtarchiven digitalisiert hatten, konnten wir frei auswählen und sicherten unsere Ergebnisse in Gruppen. Dies festigte und vervollständigte die Erfahrungen des Vormittags noch einmal.
Nach diesen neuen, interessanten und auch erschreckenden Eindrücken ließen wir den Tag beim gemeinsamen Essen ausklingen.
Der zweite Wandertag war eine Exkursion zur Gedenkstätte „Point Alpha“ an der hessisch-thüringischen Grenze. An dieser wird an die innerdeutsche Teilung und ihre Konsequenzen erinnert. Die Brisanz des Ortes liegt darin, dass die USA und ihre Verbündeten einen Angriff des Warschauer Pakts über diese Anhöhe wegen der geografischen Beschaffenheiten als den wahrscheinlichsten Fall betrachteten. Deshalb schließt die Gedenkstätte neben dem sogenannten „Haus auf der Grenze“, welches heute als Museum dient, auch die gleichnamige ehemalige US-Militärbasis ein. Im Anschluss an die Führung gab es verschiedene Aktivitäten für unsere einzelnen Gruppen: Dies beinhaltete die Möglichkeit, Point Alpha zu „entdecken“ oder Akten des „Ministeriums für Staatssicherheit“ („Stasi“) zu sichten. Die dritte Option bestand darin, mit zwei Zeitzeugen ins Gespräch zu kommen, die von der plötzlichen Trennung der zwei benachbarten Dörfer Geisa (in der DDR: Geismar) auf der Ostseite und Rastdorf auf der Westseite der Grenze berichten konnten. Der Zeitzeuge aus Geisa berichtete uns von dem Angebot, als „Inoffizieller Mitarbeiter“ (IM) für die Stasi zu arbeiten, welches er jedoch ablehnte. Er las uns aus seiner persönlichen Stasi-Akte vor, wobei die Vielzahl der Details die Dimensionen des DDR-Überwachungsstaats eindrucksvoll demonstrierten. In unserem Zeitzeugengespräch mit dem Zeitzeugen aus Rastdorf erfuhren wir über die Vielzahl der logistischen Schwierigkeiten, nach dem Mauerfall die DDR-Flüchtlinge unterzubringen und er brachte uns die Sicht der Mauer von Seiten der Bundesrepublik näher.
Anschließend fuhren wir mit dem Bus wieder zurück nach Büdingen, wobei unser Busfahrer einige Details aus seinen Erfahrungen an der innerdeutschen Grenze mit uns teilte und von den bizarren Auswüchsen von für Westbürger verbotenen Autobahnraststätten, festgeschriebenen Routen nach West-Berlin und Intermärkten berichtete.

Lisann und Jannis (Q3)

Confidentia in futurum