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Oberhessischer Tag der Religionspädagogik

Alles Luther oder was? – Was (die) Reformation für uns heute bedeutet.

Am 28.09.2016 fand – wie jedes Jahr – der Oberhessische Tag der Religionspädagogik in Lich statt, den drei Religionskolleginnen und -kollegen des WEGs besuchten. Nach einem gemeinsamen Gottesdienst wurde die Veranstaltung im Gemeindehaus der evangelischen Kirche fortgesetzt, wo Propst Matthias Schmidt die Gäste zunächst auf die verschiedenen Facetten der Reformation einstimmte. Anschließend hielt Frau Prof. Dr. Athina Lexutt von der Justus-Liebig- Universität in Gießen einen  sehr unterhaltsamen und doch tiefgründigen  Vortrag  mit dem Titel „2017 lait – Jubeln, bis der Jubilar kommt“.

Luther und die Reformation seien nach ihrer Meinung „das Nutella der Theologie“ – zwar sehr schmackhaft, aber auch ungesund und nach einiger Zeit habe man es einfach über. Nach einer 10jährigen Reformationsdekade komme nun 2017 das Jubiläum der Reformation mit aller Macht. Frau Professor Lexutt wies darauf hin, dass die Menschen sehr unterschiedlich mit diesem Jubiläum umgingen, von Freude bis zum Genervt Sein sei alles vertreten. Ihre Aufgabe sehe sie nun darin, den Zuhörern das Jubiläum über das Jahr 2017 hinaus schmackhaft zu machen. Entlang des lautschriftlich gemeinten Begriffs „lait“ ging sie auf verschiedene Deutungs- und Bedeutungsmöglichkeiten desselben im Hinblick auf die Reformation ein.

Ein Leichtes
imag2917Würde man die Reformation im Sinne von ernährungstechnisch „light“ auf das Wesentliche reduzieren, müsse zunächst überflüssiger, inhaltlich falscher Ballast beseitigt werden. So gebe es nicht die Reformation, sondern viele reformatorische Bewegungen, bei denen es sich aber gleichwohl lohne, nach dem Gemeinsamen zu fragen. Die daraus gewonnenen Grundeinsichten hätten weniger mit Kirchen- und Papstkritik zu tun, sondern in der Auseinandersetzung mit der Bibel mit der Entdeckung eines anderen Gottesbildes, das aus exegetischem und seelsorgerlichem Interesse entstanden sei.

Lichtpunkte
Einen Lichtpunkt der Reformation nannte die Referentin die Vielfalt der aus ihr hervorgegangenen Kirchen, da sie ein institutionelles Abbild des menschlichen Ist- Zustandes darstelle. Provokativ  grenzte sie dabei das katholische Kirchenverständnis der einen wahren Kirche von der Vorläufigkeit der reformatorischen Kirchen ab. In diesem Zusammenhang wurden auch die Emanzipation der Gläubigen durch die individuelle Auseinandersetzung mit der Bibel sowie die Bildung der theologischen Urteilskraft als „Lichtpunkte“ der Reformation genannt.
Ein weiterer „lichter“ Moment zeige sich in der Diakonie. Befreit von der Pflicht, für sein Seelenheil gute Werke tun zu müssen, habe man sich durch das reformatorische Denken befreit und somit einen freien und unverstellten Blick auf die Bedürfnisse seines Nächsten.

Leidmomente
Unter dem Hinweis, dass die Reformation nicht nur Grund zum Jubeln gebe, nannte Frau Professor Lexutt neben der Tatsache, dass die reformatorischen Bewegungen ohne Schutz und Förderung durch weltliche Obrigkeiten untergingen,  Luthers Haltung im Bauernkrieg und seinen Umgang mit den Juden.

Leitlinien
Zum Ende ihres Vortrages sprach die Referentin zentrale Leitlinien der Reformation an. Entscheidend  seien  für sie die Einsicht in die spannungsreiche Existenz des Menschen, die gekennzeichnet sei von Freud und Leid, Hoffnung und Furcht, Gelingen und Misslingen etc. Daran knüpfte sie eine Ethik, in der der Mensch nicht eindeutig zwischen Gut und Böse unterscheiden könne, was den protestantischerseits  so wichtigen Dreischritt: Bereitschaft zur Schuldübernahme – Bekenntnis von Schuld – Hoffnung auf Vergebung nötig mache. Auch die selbstverständliche Wahrnehmung eines politischen Auftrages für einen Christenmenschen sprach sie an, wobei sie ihre genannten Leitlinien auf die protestantische Rechtfertigungserfahrung fokussierte. Erneut wies sie noch einmal auf die Bedeutung der Bibel und das Ringen mit ihr hin, stelle diese doch eine Autorität in allen Lebenslagen dar.

lait – Leitfaden für 2017
Am Ende ihres Vortrages nahm die Referentin  noch einmal ihre Zuhörer, die Lehrer/innen, direkt ins Visier, indem sie diese fragte, was das Jubiläum 2017 sie nun eigentlich anginge? Didaktisch unterstützend machte sie vielfältige Vorschläge, wie man das Jubiläum in der Schule und im Unterricht umsetzen könnte.

Nach einer Fragerunde an Frau Professor Lexutt wurde die Mittagspause eingeläutet, an die sich am Nachmittag die Arbeit in verschiedenen Workshops anschloss. Voller  Anregungen ging es schließlich am späten Nachmittag wieder heimwärts mit dem festen Vorsatz, das eine oder andere Gelernte im Unterricht umzusetzen…

Oda Foerster

Confidentia in futurum