|

Schülerprojekt Brasilien des WEG beim Runden Tisch Brasilien

„Vale a pena ficar, mas não é fácil.“ – Es lohnt sich zu bleiben, aber es ist nicht einfach.

So oder so ähnlich könnte das Motto des Runden Tisches Brasilien 2015 vom 27. – 29.11.2015 in Höchst/Odenwald lauten, das der Freiburger Verein „Kooperation Brasilien e.V.“ zum wiederholten Mal veranstaltet.
Der gelungene Auftakt in ein Wochenende voller spannender Vorträge und persönlicher Gespräche zum Thema „Traditionelle Völker und Gemeinschaften in Brasilien“ war der Besuch von Leninha Alves de Souza Xakriabá und Elmy Pereira Soares am Wolfgang-Ernst-Gymnasium am Freitagvormittag. Das dortige Schülerprojekt freute sich über die aus Brasilien angereisten Gäste und war zudem für das Forum 2 „Jugendliche auf dem Land – bleiben oder gehen?“ vom Runden Tisch als Teilnehmer eingeladen worden.
Im Rahmen des Runden Tisches Brasilien, der dieses Jahr das Thema der traditionellen Völker und Gemeinschaften von Seiten der Wissenschaft und der Praxis der Entwicklungszusammenarbeit verband, konnte das Schulprojekt von Alissa Ruth und Claus Wilkens erfolgreich im Rahmen eines eintägigen Forums (Workshop) vorgestellt werden. Hierbei ging es um die zentrale Frage des Gehens oder Bleibens von Jugendlichen im ländlichen Raum, primär bezogen auf traditionelle Gemeinschaften und Völker in Brasilien.
Im Rahmen einer Gruppenarbeit mit Ana Claudia, einer jungen Frau aus einer Quilombola-Gemeinschaft im brasilianischen Bundesstaat Tocantins, ergab sich folgende Antwort: „Vale a penaficar, masnão é fácil.“Es lohnt sich zu bleiben, aber es ist nicht einfach. Damit ist nicht unbedingt das Bleiben im physischen Sinn gemeint, sondern insbesondere die persönliche, soziale und ideelle Verbundenheit mit der eigenen Herkunft aus einer traditionellen Gemeinschaft. Es geht darum, dass die Jugendlichen lernen sich ihrer Herkunft, ihren Traditionen und ihrer Lebensweise bewusst werden. Zu bleiben heißt somit die eigene, kollektive Identität aktiv zu bejahen anstatt sie zu verleugnen. Es heißt sich in einer globalisierten Welt mit einer dominanten kapitalistischen Weltanschauung als kulturell anders und solidarisch wirtschaftend zu behaupten. „Vá levar o quilombo no coração.“ war der prägende Satz von Ana Claudias Familie und Quilombo-Gemeinschaft, als sie zum Studium in die nächstgrößere Stadt zog. „Nimm den Quilombo im Herzen mit.“
Während des Zusammentragens der Ergebnisse der einzelnen Gruppenarbeiten stellte sich heraus, dass neben den genannten weichen Faktoren der Gemeinschaftsidentität insbesondere die harten Faktoren von strukturiert geplanten Infrastrukturmaßnahmen wie beispielsweise dezentrale Bildungseinrichtungen, Gesundheitsversorgung, Straßenbau, Stromversorgung usw. die Landflucht der jungen ländlichen Bevölkerung eindämmen können. Dass dies eigentlich die Aufgabe des Staates ist und sich diese Rahmenbedingungen nur durch eine strategische, politische Ausrichtung der traditionellen Gemeinschaft(en) erkämpfen lässt, wurde im Workshop leider nicht eingehend erörtert.
Abschließend lässt sich festhalten, dass es sich lohnt über die wissenschaftliche Beschreibung der traditionellen Völker und Gemeinschaften durch Dr. Dieter Gawora (Universität Kassel) als „gesellschaftliche Subjekte der Nachhaltigkeit“ nachzudenken. Dies gilt nicht nur mit Blick auf Brasilien, sondern auch auf Deutschland, insbesondere im Zusammenhang mit gesellschaftlicher Kohäsion und Integration, dem demographischen Wandel und Wanderungsmustern, den Themen Heimat, Gemeinschaft und solidarisches Wirtschaften, sowie der Möglichkeit Biodiversität zu erhalten oder wiederzubeleben.

Arnika Haury & Claus Wilkens

Mehr dazu in der Dokumentation

Confidentia in futurum