Loudéac
„Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, und grün des Lebens goldner Baum.“
Wer sagte das doch gleich? Egal! Dass es stimmt, hab‘ ich während unseres Austauschs am eigenen Leib erfahren. Wow! Die haben mich verstanden in Loudéac! Und ich sie! Zumindest nachdem ich öfter mal „Pourriez-vous répéter, s’il vous plaît!“ gesagt hatte. Endlich weiß ich, wozu ich all die Jahre im Französisch-Unterricht gesessen habe!
Ja, so eine Austausch-Fahrt ist eine tolle Erfahrung. Nicht nur, dass man mal 10 Tage aus dem Schultrott raus ist. Nein, man bekommt einiges mehr mit als etwa auf einer „Touri-Reise“, obwohl auch das Touristische nicht zu kurz kommt: Wir haben das beeindruckende mittelalterliche Fort Lalatte an der Nordküste besichtigt, sind die engen Gässchen des Mont St. Michel (genau auf der Grenze zwischen Bretagne und Normandie) hinaufgestiegen, konnten zeitvergessen durch den Hafen Paimpols schlendern und haben auch am Wochenende mit unseren Gastfamilien Ausflüge gemacht. Wir haben viel von der Bretagne gesehen.
Wichtiger, weil im erwachsenen Alter nicht mehr nachzuholen, fand ich aber die Möglichkeit, den französischen Alltag in Schule und Familie erleben zu können. Da wurde Petanque gespielt, zusammen gekocht und lange und ausladend (meist „magenknurrend“ spät) zu Abend gegessen. In meiner Familie hatte ich’s richtig gut getroffen: Es wurde alles aufgetischt, was gut und lecker war. Allerdings muss man auch offen sein, Neues zu probieren. Wer nur „Bratwurscht un Kaddoffel“ will, der sollte lieber zu Hause bleiben.
Natürlich ist es Glückssache, in welche Familie du kommst. Aber auch das ist etwas, was man beim Austausch lernt: Man muss flexibel sein. Sollte sich dein Corres gelegentlich anders verhalten, als man es erwartet, dann fühle dich nicht „brüskiert“, sondern akzeptiere die interessante „Andersartigkeit“.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wer einen Luxus-Pauschal-Urlaub erwartet, wäre auf unserer Austausch-Fahrt verkehrt, denn es geht um die Bereitschaft, sich Neuem zu öffnen. Kleinere Unbequemlichkeiten („Die heizen weniger.“ – „Das Bad ist ganz anders als zu Hause.“ – „Die essen so spät.“) sollte man wegstecken können.
Als wir wieder zu Hause ankamen, hatte ich noch Sand in den Schuhen und die Meeresluft in der Nase und am liebsten hätte ich gleich wieder eine Portion Galettes gegessen. Nach einigen Wochen, wenn sich alle Eindrücke „gesetzt haben“, kann man eigentlich erst richtig Bilanz ziehen und es fällt einem auf, dass wir beide, Deutsche und Franzosen, unsere guten und weniger guten Seiten haben. Für das, was wir bei uns bevorzugen, sollten wir dankbar sein und das, was unsere Nachbarn besser hinkriegen, sollten wir imitieren.
Nutzt die Möglichkeit, selbst eure Erfahrungen zu sammeln! Ich bin froh, dass ich teilgenommen habe!
Ein zufriedener Austausch-Schüler.