Den Büdinger Fröschen auf der Spur
Fünf Schulklassen vom Büdinger Wolfgang-Ernst-Gymnasium haben sich in diesem Jahr auf die Suche nach dem Ursprung der Büdinger Frösche begeben. Entstanden sind dabei unter anderem leuchtend bunte Collagen zur Büdinger Froschgeschichte und selbstgetöpferte Frösche. Ausgestellt sind die Schüler-Kunstwerke zurzeit in der Büdinger Tourist-Information am Büdinger Marktplatz. Eine ausgearbeitete Wasser- und Froschrallye durch die Büdinger Altstadt soll im nächsten Jahr zusammen mit dem Stadtmarketing und dem Blue-Community-Team realisiert werden.
Woher der Spitzname „Beuringer Frääsch“ für die Büdinger Bürger kommt, hat Lehrerin Vanessa Dippel schon lange umgetrieben. In diesem Schuljahr beschäftigte sie sich im Rahmen eines Gemeinschaftsprojektes mit ihrer Kollegin Martina Bartel-Herrmann (Klasse 6e) mit dem Thema der mittelalterlichen Wasserversorgung in der Büdinger Altstadt und stieß damit unweigerlich wieder auf das Frosch-Thema. Sie forschte in alten hessischen Geschichtsblättern, in Archiven und Antiquariaten, durchforstete sogar Bücher zur Rechtsgeschichte und wurde an vielen Stellen fündig. So gab es zum Beispiel tatsächlich im Mittelalter einen Frondienst, der verlangte, dass die Untertanen bei besonderen Gelegenheiten wie Hochzeiten die Frösche zum Schweigen zu bringen hatten, ein Motiv, das in der heutigen Froschgeschichte wieder auftaucht. Und landwirtschaftliche Schriften aus dem 16. Jahrhundert geben Ratschläge, welche Praktiken dabei am meisten Erfolg versprechen. Eine erste wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Spitznamen „Beuringer Frääsch“ für die Büdinger Bürger hat Dippel in einer heimatkundlichen Schrift aus dem Jahr 1946 gefunden. Auch Carsten Parré, Historiker am Büdinger Stadtarchiv, hieß die Lehrerin, die selbst auch Geschichte studierte, im Stadtarchiv herzlich willkommen und förderte wichtige Dokumente zutage.
Anna Lena Herting (5a): Die Frösche sammeln sich zum Froschkonzert in den Wassergräben des Büdinger Schlosses
„Wenn man sich mit Lokalgeschichte beschäftigt, merkt man, wie viel Wissen bei alteingesessenen Büdingern vorhanden ist, das man aber nur lückenhaft aufgezeichnet findet“, erzählt Dippel und so kamen wertvolle Impulse auch von dieser Seite. Reiner Marhenke und Sabine Kraft-Marhenke, die maßgeblich an der Entstehung der Froschparade und der Fassadenfrösche beteiligt waren, haben bereitwillig ihr Wissen zur Verfügung gestellt und geholfen, die neueste Fortschreibung des Themas zu erfassen. Auch Markus Schaus, der einer alteingesessenen Büdinger Familie entstammt und sehr geschichtsinteressiert ist, hatte sich auf das Projekt eingelassen und sein Ortswissen aktiviert, um alte Bilder und Quellen zum Sprechen zu bringen. In besonders großem Austausch stand die Deutsch- und Kunstlehrerin mit Verena Eimer, die in der Tourist-Information arbeitet und auch als Gästeführerin tätig ist und ein fundiertes Wissen bezüglich der Büdinger Geschichte besitzt. „Verena Eimer kennt sich mit so vielen Details aus, ohne die ich und meine Schüler, vor allem bezüglich der Wasserversorgung im Mittelalter, kein zusammenhängendes Bild erhalten hätten. Beim Rundgang hat sie uns begleitet und gemeinsam mit uns die Büdinger Altstadt verstehbar gemacht, das war einfach großartig.“ Metzgermeister und Museumsgründer Fritz Albert machte deutlich, wie sehr das Handwerk früher von einer guten Wasserversorgung abhing und lud sogar zu einer kleinen Führung über sein Privatgrundstück ein, auf dem sich noch heute die Spuren alter Wasserwege finden lassen.
Jada Bevacqua (5e): Collage des Moments, als die Büdinger die Frösche in den Seemenbach kippen
Auch die neue Kollegin Miriam Nicolai begeisterte sich für das Projekt und stürzte sich gleich mit ins froschige Vergnügen: Mit der Klasse 7a baute sie Froschskulpturen aus Ton. „Ich hatte mit meinen Töchtern selbst eine Stadtführung gemacht und war von den vielen bunten Fröschen an den Büdinger Fassaden so begeistert, dass ich das unbedingt im Unterricht umsetzen wollte“, so Nicolai. Sie wiederum holte ihren Geschichtskollegen Jürgen Vogt mit ins Boot und buchte eine Stadtführung für die Klasse, auf der die Kinder die Keramikfrösche mitnahmen und Fotostorys zur Froschgeschichte fotografierten.
Für die Fünftklässler von Vanessa Dippel war die Froschgeschichte ein unglaublicher Türöffner zur Auseinandersetzung mit der Geschichte ihres Wohn- und Schulortes. Besonders die Szenen, wenn die frisch vermählte Gräfin mitten in der Nacht über das ungewohnte Gequake die Nerven verliert oder als die traurigen Frösche eimerweise in den Seemenbach gekippt werden, regte ihre Fantasie beim Gestalten der Collagen an. Zur Vorbereitung hatten sie alte Fotografien, Gemälde und Kupferstiche angeschaut und von Verena Eimer erfahren, dass sich der Marktplatz zu Zeiten des Grafen Anton am Historischen Rathaus befand und der Brunnen in der Geschichte den dortigen Stadtborn meint, der damals einen großen Sandsteintrog als Becken besaß.
Sophie Kellermann (5a): Die Büdinger Bürger bringen die eingesammelten Frösche zum Stadtborn auf dem ehemaligen Marktplatz am Historischen Rathaus.
Arnika Haury, Leiterin der Stabsstelle Stadtmarketing und Tourismus, ist begeistert: „Die Kinder beschäftigen sich durch die mittelalterliche Liebesgeschichte zwischen Anton zu Ysenburg Büdingen und Elisabeth von Wied mit historischen Persönlichkeiten und mit der Geschichte der Häuser. Man sieht den kreativen und individuellen Bildern und Tonfiguren an, mit wie viel Leidenschaft sie das getan haben. Besser kann die Vermittlung von historischem Wissen gar nicht gelingen.“
Zu den Themen der Wasserversorgung und zur Froschgeschichte wird Vanessa Dippel in den nächsten Monaten jeweils eine zusammenhängende Darstellung erarbeiten. Die Ausstellung der Schülerkunstwerke ist noch bis 28. Juli sowohl im Schaufenster als auch im Inneren der Büdinger Tourist-Information zu sehen.