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Projekt „Schüler helfen“

Kreis-Anzeiger vom 10.12.2015

BÜDINGEN – (rin). Über Besuch aus Südamerika freuten sich jetzt die Schüler des Projekts „Brasilien – Schüler helfen“ am Büdinger Wolfgang-Ernst-Gymnasium. „Wir arbeiten schon seit einiger Zeit zusammen, tauschen Briefe und E-Mails aus. Daher ist es für uns etwas ganz Besonderes, endlich zwei Geraizeiros persönlich kennenzulernen“, sagte Projektteilnehmerin Carolina de Abreu-Oeding sichtlich erfreut.
Seit knapp zwei Jahren unterstützt eine Arbeitsgruppe von zehn Schülern den Aufbau einer ländlichen Schule für die traditionelle Gemeinschaft der Geraizieros in Brasilien (der Kreis-Anzeiger berichtete). Zu einer Stippvisite ins Gymnasium kamen jetzt der Kleinbauer Elmy aus der Gemeinde Vereda Funda im Bundesstaat Minas Gerais und Leninha von der Organisation Centro Agricultura Alternativa do Norte de Minas Gerais, eine Organisation die sich für alternative Landwirtschaft der traditionellen Gemeinschaft der Geraizeiros und für deren Jugend und Kultur einsetzt.
Der Besuch galt aber nicht alleine dem Gymnasium, sondern in erster Linie einem Runden Tisch in Höchst im Odenwald, den die Kooperation Brasilien („Kobra“) veranstaltet hatte. Die „Kobra“ vernetzt im deutschsprachigen Raum Brasiliengruppen, engagierte Einzelpersonen und Organisationen, die sich solidarisch mit den sozialen Bewegungen in Brasilien für eine gerechtere Welt einsetzen. In diesem Forum haben die Mitglieder zuletzt unter anderem zusammen mit Schülerprojekten am Thema Landflucht und Perspektiven gearbeitet.
Für Elmy war es der erste Besuch in Deutschland. Der erster Eindruck des Landwirts: „In Deutschland ist es kalt.“ Er grinste dabei und kuschelte sich noch tiefer in seine für deutsche Winterverhältnisse viel zu dünne Jacke. In Deutschland sei alles so ordentlich und viel besser organisiert als in Brasilien, sogar die Autos könne man einfach auf der Straße stehen lassen, ohne dass sie geklaut werden. Doch dann verschwand das Lächeln aus Elmys Gesicht. „Die Gewalt der Städte hat jetzt auch unsere ländlichen Gebiete erreicht. Ein großes Problem und besonders erschreckend für die älteren Menschen“, erzählte er. Die Ursachen lägen zum Teil in Drogenproblemen von Jugendlichen, die aus der perspektivlosen „heilen Welt“ der Dörfer in die Städte gezogen waren und bei ihrer Rückkehr die Probleme in die ländlichen Gebiete mitbrachten. Dem sei schwer entgegenzutreten. Solche Auswüchse wolle man mit Erziehung, Schulen und Ausbildung begegnen.
Das große Thema für Leninha war bei ihren Besuchsetappen bei „Kobra“ im Odenwald und später bei Misereor in Aachen und der Schweizer UN-Organisation in Genf das Menschenrecht auf Nahrung und Wasser. Mit ihrer Reise will sie die weltweiten Kontakte des Centro Agricultura Alternativa stärken und auf die Folgen des Klimawandels in ihrem Land aufmerksam machen. Gerade in den vergangenen fünf Jahren habe es eine extreme Trockenheit in ihrer Region gegeben, mit großen Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion und die Wasserbrunnen der Region. Von acht vorhandenen Brunnen seien inzwischen bereits sechs vollständig versiegt. „Die Wasser- und Ernährungssicherung ist für uns eine große Herausforderung“, betonte Leninha. Es sei wichtig, dass man die weltweiten Partner in den Projekten persönlich kennenlerne. „Je konkreter und direkter der Austausch dieser Gruppen ist, um so mehr berührt das Schicksal dieser Menschen“, betonte Ulrich Ide vom Hilfswerk der evangelischen Kirche in der Schweiz (HEKS). Ide begleitete Elmy und Laninha auf ihrer Reise durch Deutschland und in die Schweiz.
Laninha zeigte sich sehr beeindruckt von dem großen Engagement der Schüler am Gymnasium und vieler weiterer Aktionsgruppen in Deutschland und Europa. Dies bestätigte auch Deutschlehrer Claus Wilkens, der sich seit Jahren für das Schülerprojekt einsetzt: „Das Engagement unserer Schüler ist enorm, wir sind in den vergangenen zwei Jahren weit gekommen. Darüber hinaus besteht auch eine äußerst positive Verzahnung zu Unterrichtsfächern, zum Beispiel zu Wirtschaftspolitik oder Erdkunde.“

Foto: Krinke

Confidentia in futurum